Heiß ist es, windstill und schwül, und ausgerechnet heute habe ich mir vorgenommen, einen Bootsausflug zu unternehmen. Seit über 20 Jahren sehe ich die Inseln Thodorou und Lazaretta quasi vor meiner Haustür liegen und bin noch nie da gewesen.
Das liegt hauptsächlich daran, dass der Zutritt zur Insel Thodorou grundsätzlich untersagt ist, da sie als Aufzuchtplatz der kretischen Wildziege Kri Kri (Capra aegagrus cretica) dient. Lediglich an einem Tag im Jahr, zur kirchlichen Feier des Namensspenders der Insel, des heiligen Theodors, fahren mehrere Boote mit Besuchern vom gegenüberliegenden Ort Agia Marina zum Kirchlein der Insel Thodorou und wohnen dort der Messe bei.
Vor der Abfahrt
Für meinen Ausflug habe ich mir den alten (Jahrgang 1930) Holzschoner M/S Irini ausgesucht, da auch ich von der “alten Schule” bin. Die gleiche Tour unternehmen auch Glasboden-Boote, und alle fahren sie vom alten Hafen in Chania los. Die Abfahrt meines Bootes ist für 14.30 Uhr angesagt, und ich bin natürlich schon um 14.00 Uhr an Ort und Stelle um mir den Ablauf anzusehen. Die Mädchen unter dem Sonnenschirm vor dem Boot informieren über den Ausflug und verkaufen auch die Tickets. Herr Thomas, der Besitzer des Bootes, ist auch da, und ich frage freundlich an (mit Fotoapparat und Geschäftskarten ausgerüstet), ob ich denn einfach mal mitfahren könnte. Na klar, meint er, ist doch selbstverständlich !! Wunderbar. Auf gehts !
Holzbänke in freier Luft rundherum auf dem Boot laden zum sitzen ein, ich suche mir ein Plätzchen im Schatten aus. 10 Minuten vor der geplanten Abfahrt steigt “Babis” mit einer riesigen Wassermelone aufs Boot, und plötzlich steigen noch 2 Mädchen mit Koffern ein. Ja hallo, die werden doch nicht auf der Insel übernachten wollen? Nein, sie öffnen ihre Koffer und zum Vorschein kommen T-Shirts, Prospekte und Bücher über die Meeresschildkröte Caretta-Caretta und ein Spendenkasten; die beiden sind freiwillige Helfer des Archelon , des Vereins zum Schutz der Meeresschildkröte.
Los geht`s nach Thodorou (auch Theodore)
Pünktlich (welch ein Wunder) um 14.30 Uhr tuckert plötzlich die Dieselmaschine und der Laufsteg wird in die Lüfte gehoben. Meine Mitpassagiere, es sind ca. 60-70 Personen, gucken ganz freudig, wir freuen uns alle auf die Fahrt.
Strohhüte, Sonnenbrillen, ein schlafendes Kind. Einige posieren fürs Fotoalbum am riesigen alten Holzsteuerrad, ein Mädchen mit einer kurzen sexy Ledershorts, die Passagiere des 1 Stocks lassen ihre Beine herunterbaumeln, der Mann neben mir streichelt zärtlich seine Ehefrau, ein etwas älterer Herr ist mit zahlreichen Tatoos geschmückt, jetzt schon verbrannte Sonnenanbeter, ein großer Korb voller Schwimmmasken und Schnorcheln, in der Ecke Schwimmflossen in allen Farben, an der kleinen Bar in der Mitte des Bootes hängen Tüten mit Kartoffelchips ….. das sind die Zutaten dieses Nachmittags.
Die Fahrt dauert nicht lang, ca 30 Min. und schon sind wir bei der Insel Thodorou und fahren an ihrer Nordküste entlang. Ein großer Steinbrocken, ohne Baum, ohne Strauch. Einige Gäste sind mit Ferngläsern bewaffnet und schauen nach der kretischen Wildziege aus … erfolglos.
Jetzt gleiten wir an der großen Höhle vorbei, die von den Dörfern Platanias und Agia Marina aus sofort ins Auge fällt.
Dies soll das Maul eines Drachens sein.
Sagenumwobenen Geschichte
Der Legende nach war ein gigantisches Meeresungeheuer im Begriff, diesen Teil der Insel Kreta zu verschlingen, und im selben Moment, wo es sein riesiges Maul zum tödlichen Angriff öffnete , schlug der Meeresgott Poseidon auf das Biest ein, welches sich sofort in einen steinernen Felsen verwandelte. Die kleine Insel, damals Akoition genannt, diente durch seine strategische Lage oftmals in der Geschichte als Hüter Kretas.. Unter venezianischer Herrschaft im Jahr 1547 erhielt die Insel 2 Festungen, die Tourlourou am höchsten Punkt der Insel und eine zweite, niedriger neben der alten Kirche Ag. Theodori gelegen, und die Insel wurde zu Thodorou umgetauft. 1645 spielte sich hier eine dramatische Schlacht zwischen Venezianern und Türken mit zahlreichen Opfern ab.
Auch ein im 2. Weltkrieg abgeschossener deutscher Wehrmacht Flieger liegt hier auf dem Meeresgrund direkt vor der Insel, in 6-7 m Tiefe. An dieser Stelle hält unser Boot für eine Pause und wir alle nehmen die Gelegenheit für ein erfrischendes Bad war. Hier ist das Meereswasser wirklich kristallklar und durch nichts getrübt.
Beim fröhlichen Plantschen treffe ich auch auf unseren Kapitän Kostas und den Boot-Mechaniker Jannis. Für Jannis ist das heutige Bad (es ist immerhin der letzte Julitag) das 1. in diesem Sommer.
Nach einem 40 Minütigen Aufenthalt reisen wir wieder ab, diesmal Richtung Lazaretta, ein kleines Inselchen vor den Stränden Agioi Apostoloi gelegen. Ein schöner kleiner Sandstrand und weniger klares Wasser laden auch hier zu einem 1/2 stündigen Bad ein. Kurz vor der Abfahrt sehe ich plötzlich gefüllte Schnapsgläser auf uns zukommen, und mehrere große Teller gefüllt mit Wassermelone werden verteilt; diese Spende nehmen wir natürlich alle dankend an, Der song “I will always love you” von Whitney Houston rieselt durch die Boots-Lautsprecher, und die Welt ist auch heute wieder schön. ”Yamas” Kosta, und “Yamas” Janni (Yamas = Prost), mögen eure Segel immer mit einer leichten Brise gefüllt sein.
Es geht zurück nach Chania, und pünktlich um 18.00 Uhr ankert das Boot an seiner Anlegestelle.
Ich bedanke mich bei Thomas, bei Kostas und bei Jannis für die schöne Tour. Yassas, auf Wiedersehen, na klar sieht man sich wieder, Chania ist ja eine kleine Stadt.
Nützliche Informationen (Stand 2021) Abfahrt des Holzschoners im Hochsommer täglich um 14.30 Uhr, Rückkehr um 18.00 Uhr, Ticket für Erwachsene 15€, Kinder 50%, Hut und Sonnencreme nicht vergessen.