Insel Spinalonga. Der Eingang in die Festung erfolgt durch einen etwa 10m langen Tunnel, anschließend fällt der Blick auf steinerne Ruinen, einige noch recht gut erhalten. An einem Fenster entdecke ich verstaubte Vorhänge, in der Ecke einer Ruine steht noch ein alter Holzstuhl, auch Holznischen zeugen von den ehemaligen leprakranken Bewohnern.
Vor der Abfahrt des Bootes
An einem sommerlichen Oktobermorgen stehe ich im kleinen Dorf Plaka, um mit dem Boot nach Spinalonga zu fahren. Ich bin bestürzt, wie nahe die Insel doch zum Festland gelegen ist; man hätte quasi seine geliebten Personen an beidseitigen Ufern erkennen können. Dies muß ein schweres Kreuz auf den Schultern der Lepra Kranken gewesen sein. So nahe, und doch unerreichbar.
To Nisí – die Insel
Ich hatte, wie fast ganz Griechenland, die griechische 26-teilige TV Serie “To Nisí (die Insel)” nach dem gleichnamigen Buch/ Roman “Insel der Vergessenen” von Victoria Hislop mit großer Spannung verfolgt; sie zog 2010/ 2011, nicht zuletzt auch auf Grund der hervorragenden Schauspieler Stelios Máinas und Katerina Léchou, die hiesige Bevölkerung in den Bann, zeigte sie doch ein Stück zeitgenössischer Geschichte und menschlicher Tragödie. Auch das Buch hatte ich anschließend gelesen, ich empfehle es all Jenen, die einen Besuch auf die Insel Spinalonga in ihre Kreta Reise eingeplant haben.
Die bewegte Geschichte der Insel Spinalonga
Die kleine Insel Spinalonga liegt am nördlichen Eingang der Elounda-Bucht und daher in äußerst strategischer Lage für die Kontrolle des natürlichen Hafenbeckens von Elounda. Die Insel wurde im Altertum, möglicherweise in der hellenistischen Periode, mit einem großen Wall befestigt. Auf den Ruinen der antiken Befestigung errichten die Venezianer im 16. Jhd. eine starke Festung, die nach dem System der Bastion-Anreicherung von Genese Bressani und Latino Orsini entworfen wurde. Während des „Kretischen Krieges“ (1645-1669) fanden hier auch Flüchtlinge und Rebellen idealen Schutz.
Nachdem die Insel durch die Osmanen im Jahre 1715 besetzt wurde, wurde allmählich eine rein osmanischer Siedlung auf Spinalonga erbaut. In den ersten zwei Jahrhunderten der osmanischen Herrschaft wurde die Insel als ein Ort des Exils und der Isolierung verwendet; dieses änderte sich jedoch am Ende des 19. Jahrhunderts, als die Insel eine Export-Handel Erlaubnis erhielt und sich daher eine große Anzahl von Einwohnern auf Spinalonga konzentrierte, vor allem Handwerker und Seeleute, die den Vorteil einer sicheren befestigten Siedlung ausnutzten.
Das Leben dieser Siedlung wurde aufgrund der politischen Entwicklungen in Kreta in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts bald abrupt unterbrochen. Die meisten Einwohner von Spinalonga mussten emigrieren, da die revolutionäre Aktivität der Christen Unsicherheit unter den Osmanen Kretas verbreitete. Ab 1897 besiedelten französische Truppen für ein Jahr die Insel.
Das Leben der Ausgestoßenen
Im Jahre 1903 erließ der kretische Staat einen Beschluss zur Isolation von Leprakranken und richtete ein entsprechendes Krankenhaus auf der Lepra Insel Spinalonga ein. Das harte Leben der Patienten auf Spinalonga prägte die Insel als einen Ort des Martyriums mit herzzerreißenden Erinnerungen. Diese Menschen mussten nicht nur ihre Krankheit, sondern auch die Trennung von ihren geliebten Personen ertragen. Auch Kinder wurden von ihren Familien getrennt und fuhren auf die Einsamkeit der Lepra Insel, wo sie aber doch wenigstens in der Gemeinschaft anderer Menschen lebten.
Die Lebensbedingungen auf der Insel waren in den ersten Jahren sehr schlecht; die Ausgestoßenen lebten in heruntergekommenen Häusern auf engstem Raum. Die medizinische Versorgung war notdürftig. Langsam und durch die Jahre hinweg fanden die Kranken die Kraft und den Mut, ihre neue Lebenssituation zu akzeptieren und als Dorfgemeinschaft zu funktionieren. Sie begannen ihr Leben zu organisieren, Geschäfte und Tavernen wurden eingerichtet, größere venezianische Gebäude in Krankenhäuser umgewandelt, und trotz eines diesbezüglichen Verbotes fanden sogar Hochzeiten auf der Lepra Insel statt.
Nachdem die im Laufe der Zeit neu erkannten Heilungsmethoden dieser Krankheit gute Erfolge erzielten, wurden 1957 die letzten 30 Leprakranken in einem Krankenhaus bei Athen untergebracht und die Lepra Insel somit aufgelöst. Einige Bewohner der ehemaligen Lepra-Kolonie leben auch heute noch.
Eindrücke von Spinalonga
Außer mir sind noch keine anderen Gäste zur Überfahrt da, und ich nutze die Wartezeit für einen besinnlichen Spaziergang durch die Strasse (es gibt nur 1) von Plaka, die wenigen alten und unbewohnten Häuser an der Klippe zeugen von vergangenen Zeiten.
Gegen 10.00 Uhr und mit ca. 15 weiteren Ausflüglern geht es dann endlich los; das Boot fährt 1 mal um die Insel herum, bevor wir nach ca. 15 Min. am Bootssteg von Spinalonga anlegen.
Der Eingang in die Festung erfolgt durch einen etwa 10 m langen Tunnel, anschließend fällt der Blick auf steinerne Ruinen, einige noch recht gut erhalten. An einem Fenster entdecke ich verstaubte Vorhänge, in der Ecke einer Ruine steht noch ein alter Holzstuhl, auch Holznischen zeugen von den ehemaligen Bewohnern. Etwas weiter stehen die sehr gut erhaltenen und bunten osmanischen Geschäfte, die teilweise in ein kleines Museum verwandelt sind.
Man kann durch die Gassen auf Entdeckungsreise gehen, oder den Inselrundgang antreten, der dem Wall entlang ca. 20-30 Min. dauert. Von allen Punkten der Insel genießt man einen herrlichen Ausblick auf die Küsten rundherum und auch auf das wirklich kristallklare Wasser. Zum Schluss kraxele ich noch auf die am höchsten Punkt gelegene Festung, und auch am Friedhof mit der Gedenkplatte (nahe des Ausgangs) verweile ich in Gedanken versunken.
Tränen auf Spinalonga
Das folgende Gedicht verfasste der Lepra-Kranke Epaminóntas Remoundákis, er war auch der Gründer der “Bruderschaft der Kranken Spinalongas”.
Hier weiterlesen über das nahe gelegene Städtchen Agios Nikolaos
Nützliche Informationen für Spinalonga Besucher
Öffnungszeiten: Im Sommer täglich von 09.00 bis 19.00 Uhr / von 01. Nov. bis 31. März nur am Wochenende (Sa und So) von 09.30 bis 16.00 Uhr und wetterabhängig. Die Archäologische Behörde von Agios Nikolaos (tel.: 28410 25115) gibt gerne weitere Informationen (Arbeitszeit 08.00 bis 15.00 Uhr Mo-Fr.)
Eintrittspreis: 8 €/reduziert 4 €
- Kosten der Überfahrt von Plaka aus: 8 Euro Erwachsene/ 4,- Kinder, erste Abfahrt ca. um 09.00 Uhr, letzte Rückfahrt vor Sonnenuntergang, je nach Jahreszeit.
- Auch von Elounda aus fahren Boote auf die Insel, ca. 10,- Erwachsene/5,- Kinder
- Die oben genannten Preise gelten für aller/retour, die Boote fahren alle 30 Minuten von Plaka ab, entsprechend auch von Elounda oder Agios Nikolaos
- Wer individuell mit dem Boot nach Spinalonga fährt, fährt zu jeder beliebigen Zeit wieder an seinen Ausgangsort zurück.
- In der Hochsaison besuchen täglich ca. 5000 Menschen die Insel